Wenn durch offene Steuerforderungen beim Finanzamt ein Liquiditätsengpass droht, der den Firmeninhaber an den Rand einer Regelinsolvenz bringt oder drängt, sollte bei dem zuständigen Finanzamt ein Vollstreckungsaufschub (Zahlungsaufschub) gegen die verhängte Vollstreckungsmaßnahme angestrebt werden, denn die Finanzämter können die Vollstreckung im Einzelfall und nach Ermessen auch einstweilen einstellen oder beschränken und sogar das Vollstreckungsverfahren (Pfändungsmaßnahme) aufheben, wenn die Vollstreckung nach § 258 AO für den Vollstreckungsschuldner unbillig ist …
Der Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO ist eine gute Möglichkeit, beim Finanzamt einen Zahlungsaufschub zu erbitten. Er ist einfacher durchzusetzen, als eine Stundung nach § 4a InsO. Die Stundung kann nur dann gewährt werden, wenn es keine Möglichkeit mehr gibt, die fälligen Steuern zum Fälligkeitstermin zu zahlen, wenn dies also auch durch Kreditaufnahme oder durch Veräußerung von Vermögensgegenständen nicht mehr möglich ist. Bei einem Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO hingegen muss lediglich eine unbillige Härte vorliegen. Diese unbillige Härte liegt vor, wenn durch kurzes Abwarten, welches in der Regel zwischen vier und zwölf Monaten liegt, eine Aufgabe des Betriebes bezw.der Selbstständigkeit vermieden werden kann. Auch kann der Vollstreckungsaufschub sinnvoll sein und von den Finanzämtern gewährt werden, wenn es sich um nachträgliche Steuerzahlungen handelt, die aus Vorjahren resultieren, aber erst bei einer aktuellen Betriebsprüfung festgestellt und gefordert wurden.
Besonders bei hohen Außenständen oder Forderungs- ausfällen kann ein Vollstreckungsaufschub sehr sinnvoll sein. Wichtig ist aber dass Freiberufler, Selbständige oder Unternehmer sich nicht nur auf die allgemein angespannte wirtschaftliche Lage beziehen, wenn sie beim Finanzamt einen Vollstreckungsaufschub beantragen. Sie müssen dem Finanzamt konkret nachweisen, dass sie derzeit aufgrund von Umsatzeinbrüchen oder Forderungsausfällen nicht bezahlen können und sie die Umsatzeinbrüche oder die Forderungsausfälle auch nicht selbst verursacht haben. Auch sollte erst einmal mit anderen Mitteln versucht werden, sich Entlastung zu verschaffen. So kann bei verringerten Umsätzen die Gewerbesteuervorauszahlung und die Einkommenssteuervorauszahlung gesenkt werden. Wichtig ist jedoch: Sobald sich die alte Geschäftslage wieder verbessert hat und eine Regelinsolvenz abgewendet wurde, muss das Finanzamt über die nicht mehr vorhandene Zahlungsunfähigkeit informiert werden und die Vorauszahlungen für die Gewerbesteuer wie auch für die Einkommenssteuer natürlich unbedingt wieder erhöht werden.
Außerdem können und sollten Unternehmer bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit von sich aus auf das Finanzamt zugehen. Sollte ein Vollstreckungsaufschub nicht in Frage kommen, kann der Unternehmer eine Ratenzahlung anbieten. Darauf lassen sich fast alle Finanzämter ein, da sie lieber einen Teil ihrer Geldforderungen sofort erhalten, als sämtliche Forderungen abschreiben zu müssen. Jedoch kann es sein, dass das Finanzamt für die Ratenzahlung eine Sicherheit verlangt. Schwierig ist es hingegen, den Erlass von Steuerschulden nach § 227 AO im Regelinsolvenzverfahren durchzusetzen. Das ist meist nur in Verbin- dung mit einem Vergleich, bei dem auch andere Gläubiger auf einen Teil ihrer Insolvenzforderungen verzichten, möglich. Doch Aufgrund des komplexen Verfahrens für einen Erlass von Steuerschulden, ist es immer sinnvoll, sich professionellen Rat bei einer anwaltlichen Insolvenzberatung zu holen.