Mit der rechtskräftigen Ankündigung der Restschuldbefreiung beginnt die Laufzeit der sechs jährigen Wohlverhaltensperiode, wobei der verschuldete Selbständige innerhalb dieser Wohlverhaltensperiode vom Amtsgericht einige Pflichten auferlegt bekommt, welche Obliegenheiten genannt werden und die eine Abtretungserklärung gegenüber den Gläubigern bzw. dem Treuhänder darstellen. Für Selbstständige ist die Einhaltung der Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode äußerst wichtig, denn eine Verletzung dieser Obliegenheiten im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens, kann ein Versagungsgrund für die angestrebte Restschuldbefreiung darstellen …
In einem Regelinsolvenzverfahren müssen Selbstständige sich mit anderen Regelungen auseinander setzen, als es bei Schuldnern der Fall ist, die einer nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Bis zum Jahre 2007 galt die Regelung, dass Selbstständige während des laufenden Regelinsolvenzverfahrens den pfändbaren Betrag des tatsächlich erzielten Gewinns an den Insolvenzverwalter abführen mussten. Ab 2007 wird für die Regelinsolvenz eine andere Regelung getroffen. Diese Regelung besagt, dass nur noch fiktive Beträge an den Insolvenzverwalter abgeführt werden müssen. Diese sogenannten fiktive Beträge wurden bei der alten Regelung zwar auch in der Wohlverhaltensperiode angesetzt, nicht aber in der Phase des eigentlichen Insolvenzverfahrens. Seit 2007 werden diese grundsätzlich angesetzt. Diese fiktiven Beträge sind auch der Grund für die Bezeichnung des fiktiven Verfahrens und werden weder vom Gericht, noch vom Insolvenzverwalter festgelegt. Es liegt also einzig und allein in der Verantwortung des Schuldners, einen angemessenen Betrag festzulegen. Dieser Betrag sollte sich an den Vorkenntnissen aus der beruflichen Ausbildung des Schuldners sowie an seinen bisher ausgeübten Tätigkeiten orientieren und damit es nicht zu einem Verstoß gegen die Obliegenheiten nach § 296 der InsO kommt, nicht zu gering festgesetzt werden.
Im Klartext bedeutet dies, dass ein Kfz-Mechaniker, der seit jeher als solcher gearbeitet hat, als fiktives Einkommen den Tariflohn bzw. ortsüblichen Lohn eines Kfz-Mechanikers annehmen muss. Hatte der gleiche Mechaniker allerdings bis zu seinem Regelinsolvenzverfahren als ein angestellter Geschäftsführer gearbeitet, so hat er hierfür höchstwahr- scheinlich das Einkommen eines Geschäftsführers erhalten. Dieses höhere Einkommen ist dann auch über die gesamte Zeit der Wohlverhaltensperiode als fiktives Einkommen anzusetzen. Die Problematik besteht darin, dass dieses fiktive Einkommen oftmals erst bei Antrag eines Gläubigers auf eine Versagung der Restschuldbefreiung, vom Gericht überprüft wird. Wurde es zu gering festgesetzt, gilt dies als eine Verletzung der Obliegenheiten und die Restschuldbefreiung wird voraussichtlich versagt werden, wenn der Schuldner die Differenz der gezahlten Beträge zu den tatsächlich abzuführende Beträgen nicht noch rechtzeitig ausgleicht. Wurde das fiktive Einkommen dagegen zu hoch angesetzt, kann dies wiederum keine Rückforderungsmöglichkeit des Selbstständigen darstellen.
Um in der Wohlverhaltensperiode derartigen Problemen aus dem Wege zu gehen, sollten selbstständige Schuldner ihre Berechnungsgrundlagen den Gläubigern gegenüber offen legen. Hierbei gilt es zu beachten, dass neben dem ortsüblichen Einkommen auch die Pfändungsfreigrenze nach der Pfändungstabelle und die bestehenden Pflichten zur Leistung von Unterhalt an die Kinder oder Partner zu berücksichtigen sind. Der sich dann ergebende pfändbare Betrag muss als Obliegenheit an den Insolvenzverwalter abgeführt werden. Die Insolvenzordnung sieht hierbei sogar vor, dass bei selbstständigen Schuldnern keine Verletzung der Obliegenheiten in der Wohlverhaltensperiode vorliegt, wenn diese den pfändbaren Betrag nicht in monatlichen Ra- ten abführen. Aufgrund der schwankenden Ertragslage eines Selbstständigen können die pfändbaren Beträge so abgeführt werden, wie es die eigene finanzielle Lage zulässt. Rückständige Beträge sollen laut allgemeiner Auffassung, allerdings immer binnen einer Jahresfrist ausgeglichen werden.
Dennoch müssen auch selbstständige Schuldner damit rechnen, Zinsen für rückständig geleistete Beträge zu zahlen. Damit soll ihnen der schnell entstehende Gedanke, sie müssten erst zum Ende der Wohlverhaltensperiode ihre Beträge an den Treuhänder abführen, gar nicht erst kommen. Aufgrund der Komplexität der Abschätzung eines fiktiven Einkommens, welches zu einem späteren Zeitpunkt als falsch angesehen werden könnte und als Verletzung der Obliegenheiten beim Insolvenzgericht zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen kann, sollten sich alle selbstständige Schuldner, in einem solchen Fall stets von einen fachkundige Insolvenz Anwalt beraten lassen.