Nach einem erfolgreich durchlaufenen Verbraucherinsolvenzverfahren beginnt für den Schuldner die sogenannte Wohlverhaltensphase. Innerhalb dieser sechs jährigen Wohlverhaltensphase werden dem/der verschuldeten Verbraucher/in einige Pflichten auferlegt, die Obliegenheiten genannt werden und welche durch die bundesdeutsche Insolvenzordnung geregelt sind. Die Einhaltung der Obliegenheiten während der Wohlverhaltensphase ist für den Schuldner sehr wichtig, denn eine Verletzung dieser Obliegenheiten kann laut deutschen Insolvenzrecht, ein Versagungsgrund für die Restschuldbefreiung darstellen und somit die ersehnte Schuldenfreiheit verhindern …
Die Obliegenheiten für die Wohlverhaltensphase sind in der Insolvenzordnung (InsO) genau geregelt und für alle Verbraucher (Schuldner) öffentlich zugänglich. So heißt es in § 295 InsO, dass Schuldner/Schuldnerinen während der gesamten Wohlverhaltensphase dazu verpflichtet sind, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Sofern keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, muss der Schuldner sich um die Aufnahme einer solchen Tätigkeit bemühen. Dabei gilt nahezu jede Arbeit als zumutbar, selbst wenn es sich um eine auswärtige Tätigkeit, eine Aushilfstätigkeit oder eine Tätigkeit handelt, welche nicht mit dem bisher ausgeübten Beruf übereinstimmt. Es reicht hierbei nicht aus, dass der Schuldner seine Arbeitskraft nur für die Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stellt. Er muss seine eigenen Bemühungen, etwa in Form von Bewerbungen, über die gesamte Zeit der laufenden Wohlverhaltensphase nachweisen können. Sollte er diese Obliegenheit nicht erfüllen, kann es durch den Insolvenzverwalter zur Beantragung der Versagung der Restschuldbefreiung kommen. Eine weitere Pflicht besteht gegenüber dem Treuhänder. Auch im Verbraucherinsolvenzverfahren ist das regelmäßige Einkommen aus der Erwerbstätigkeit, bis zu dem unpfändbaren Betrag der jeweils geltenden Pfändungsfreigrenze, an den Treuhänder abzuführen.
Allerdings erhalten alle Schuldner im fünften Jahr der Wohlverhaltensphase zehn Prozent des pfändbaren Betrags und im sechsten Jahr der Wohlverhaltensphase 15 Prozent des pfändbaren Betrags als „Motivationsbonus“ zurück erstattet, sofern keine Gründe gegen diese Erstattung sprechen. Ebenfalls gehört es zu den Obliegenheiten des Schuldners, über den gesamten Zeitraum der Insolvenz, sämtliche Vermögensveränderungen oder zusätzliche Geld Einnahmen wie z.B. ein Darlehen, dem Gericht anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht erfolgt gegenüber dem Treuhänder. Zusätzliche Einnahmen können beispielsweise aus einer Erbschaft stammen. Hiervon ist die Hälfte der Erbschaft zur Tilgung der Schulden im Rahmen der Verbraucherinsolvenz an den Treuhänder herauszugeben. Darüber hinaus muss der Schuldner jeden Wechsel des Wohnortes oder des Arbeitsplatzes anzeigen. Damit soll gewährleistet werden, dass der Treuhänder bzw. das zu-ständige Insolvenzgericht jederzeit prüfen kann, ob der Schuldner seinen Mitwirkungspflichten im Insolvenzverfahren nachkommt und in der Wohlverhaltensphase keine Einkünfte verschweigt.
Zusätzlich dürfen in der Wohlverhaltensphase keinerlei Zahlungen an die Gläubiger selbst geleistet werden. Sofern zusätzliche Zahlungen in der Wohlverhaltensphase möglich sind, müssen diese generell an den eingesetzten Treuhänder geleistet werden. Er entscheidet dann, wann und wie diese zur Auszahlung kommen und verteilt sie an die einzelnen Gläubiger. Dabei ist aber auch dem Treuhänder selbst jährlich eine Mindestvergütung zu zahlen. Diese liegt bei minimum 100 Euro, hinzu kommen evtl. Auslagen und die Mehrwertsteuer. Diese Mindestvergütung müssen auch jene Schuldner zahlen, welche über etwas weniger Einkommen verfügen als ihnen laut Pfändungstabelle zusteht und die in Zeit der Wohlverhaltensphase ein Pfändungsschutzkonto nutzen. Ausnahmen gelten nur, wenn eine Stundung der Insolvenzverfahren Kosten nach § 4a der InsO stattfindet und die Verfahrenskosten bis zum Ende des Verbraucherinsolvenzverfahrens zur Sicherung des Existenzminimum gestundet werden. Wird die Mindestvergütung an den Treuhänder nicht gezahlt, wird dies als Verstoß gegen die Obliegenheiten im Verbraucherinsolvenzverfahren gewertet und der Treuhänder kann auch wieder einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen.
Ein anderer wichtiger Pflichtpunkt besteht bei der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit in der Wohlverhaltensperiode. Diese ist grundsätzlich auch bei einer Verbraucherinsolvenz gestattet. Aller- dings dürfen die Gläubiger dabei nicht schlechter gestellt werden, als wenn der Schuldner einer ange- messenen abhängigen Beschäftigung nachgehen würde. Ein Verstoß gegen die Obliegenheiten besteht laut Insolvenzordnung dann, wenn der Schuldner durch die selbstständige Tätigkeit kein angemessenes Einkommen erzielt. Denn eine selbstständige Tätigkeit, welche kein pfändbares Einkommen einbringt, wird im Verbraucherinsolvenzverfahren nicht als angemessene Tätigkeit angesehen und stellt ein Ver- sagungsgrund für die Restschuldbefreiung dar. Nur wenn die Tätigkeit in der Wohlverhaltensphase so viel Einkommen einbringt, dass auch ein gewisser Teil der Schulden zur Schuldenregulierung genutzt werden kann, wird diese Tätigkeit folglich zugelassen und vom Insolvenzgericht erlaubt.